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Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen mit Rettungswagen: OLG Schleswig Urteil erklärt

Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen mit Rettungswagen: OLG Schleswig Urteil erklärt

Als Fachanwalt für Verkehrsrecht informiere ich Sie heute über ein wegweisendes Urteil zur Haftungsverteilung bei Unfällen mit Rettungswagen. Das Oberlandesgericht Schleswig hat in seinem Beschluss vom 18.11.2024 (Az. 7 U 66/24) wichtige Grundsätze für solche Fälle aufgestellt, die sowohl für Rettungsdienstpersonal als auch für andere Verkehrsteilnehmer von großer Bedeutung sind.

Der Unfallhergang: Kollision zwischen Rettungswagen und PKW

Im konkreten Fall kam es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Rettungswagen im Einsatz und einem PKW an einer Kreuzung. Der Rettungswagen fuhr bei Rotlicht in die Kreuzung ein, während der PKW-Fahrer zunächst abbog und dann abrupt abbremste. Diese Situation wirft die zentrale Frage auf: Wie ist die Haftung zwischen den Beteiligten zu verteilen?

Grundsätze der Haftungsverteilung bei Rettungswagen-Unfällen

Das OLG Schleswig stellte in seinem Beschluss folgende wichtige Punkte zur Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen mit Rettungswagen klar:

  1. Rettungswagen im Einsatz genießen zwar Sonderrechte, sind aber nicht von jeglicher Haftung befreit.
  2. Der Fahrer eines Rettungswagens muss beim Einfahren in eine Kreuzung bei Rotlicht besondere Sorgfalt walten lassen.
  3. Andere Verkehrsteilnehmer müssen auf Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn angemessen reagieren.
  4. Die Betriebsgefahr des Rettungswagens ist bei der Haftungsverteilung zu berücksichtigen.

Konkrete Haftungsverteilung im Urteilsfall

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass beide Parteien eine Mitschuld am Verkehrsunfall trugen:

  • Der PKW-Fahrer hätte auf das Einsatzfahrzeug achten und sein Fahrverhalten anpassen müssen.
  • Der Rettungswagenfahrer wiederum hätte beim Einfahren in die Kreuzung vorsichtiger agieren müssen.

Die genaue Haftungsquote wurde im Beschluss nicht festgelegt, da es sich um einen Hinweisbeschluss handelte. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Aufteilung der Haftung zwischen beiden Parteien erfolgen wird.

Rechtliche Grundlagen für Sonderrechte und Pflichten im Straßenverkehr

Um die Entscheidung des OLG Schleswig besser einordnen zu können, ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu kennen:

  • § 35 StVO (Sonderrechte): Dieser Paragraph regelt die Sonderrechte für Einsatzfahrzeuge. Rettungswagen dürfen von Verkehrsvorschriften abweichen, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Mehr über Sonderrechte im Straßenverkehr
  • § 38 StVO (Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht): Hier wird festgelegt, dass alle Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben, wenn sich ein Fahrzeug mit Blaulicht und Einsatzhorn nähert.

Praktische Auswirkungen des Urteils

Dieses Urteil verdeutlicht, dass bei Verkehrsunfällen mit Rettungswagen eine differenzierte Betrachtung notwendig ist. Weder genießen Einsatzfahrzeuge einen „Freifahrtschein“, noch tragen andere Verkehrsteilnehmer automatisch die alleinige Schuld.

Für die Praxis bedeutet dies:

  • Rettungswagenfahrer müssen trotz Sonderrechten umsichtig fahren
  • Andere Verkehrsteilnehmer müssen auf Einsatzfahrzeuge angemessen reagieren
  • Bei Unfällen ist eine genaue Prüfung des Einzelfalls für die Haftungsverteilung entscheidend

Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Entscheidung des OLG Schleswig unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung bei der Haftungsverteilung nach Unfällen mit Rettungswagen. Sowohl Einsatzfahrer als auch andere Verkehrsteilnehmer tragen Verantwortung für die Sicherheit im Straßenverkehr.

Als Fachanwalt für Verkehrsrecht rate ich:

  1. Rettungsdienstpersonal: Fahren Sie trotz Sonderrechten stets defensiv und vorausschauend.
  2. Andere Verkehrsteilnehmer: Seien Sie stets aufmerksam und bereit, Einsatzfahrzeugen den Weg frei zu machen.
  3. Bei einem Unfall: Sichern Sie Beweise und holen Sie umgehend rechtlichen Rat ein.

Nur durch umsichtiges Verhalten aller Beteiligten und eine faire rechtliche Beurteilung kann die wichtige Arbeit des Rettungsdienstes unterstützt und gleichzeitig die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleistet werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer haftet bei einem Unfall mit einem Rettungswagen?

Die Haftung wird in der Regel zwischen dem Rettungswagen und dem anderen beteiligten Fahrzeug aufgeteilt. Die genaue Verteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie z.B. der Einhaltung der Sorgfaltspflichten beider Parteien.

Welche Pflichten haben Autofahrer bei Blaulicht und Martinshorn?

Autofahrer müssen bei Blaulicht und Martinshorn sofort freie Bahn schaffen. Das bedeutet, sie müssen ausweichen, notfalls anhalten und dem Einsatzfahrzeug Vorrang gewähren.

Dürfen Rettungswagen bei Rot über eine Ampel fahren?

Ja, Rettungswagen dürfen im Einsatz bei Rot über eine Ampel fahren. Sie müssen dabei jedoch besondere Vorsicht walten lassen und sicherstellen, dass andere Verkehrsteilnehmer sie wahrnehmen und reagieren können.

Haben Sie weitere Fragen zur Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen oder benötigen Sie rechtliche Unterstützung? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Beratung!


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